Dieser Artikel wurde am 18. September 1999 in der HNA veröffentlicht.
Hier handelte es sich um eine Serie der HNA-Redaktion Northeim.
Unter dem Titel "Teil 24: Die Geschichte unseres Jahrhunderts".
In diesem Fall sind es die Jugenderinnerungen von Ortsheimatpfleger
Hermann Grote aus Wahmbeck an 1940,
als die zugefrorene Weser Wahmbeck bedrohte.
Aufzeichnungen von Ortsheimatpfleger Wahmbeck - Hermann Grote (geb. 19.11.1946),
die ihm sein Vater Herbert Grote (geb. 04.02.1922) erzählt hat.
Es war im Kriegsjahr 1940, ein normaler Wintertag, Mittwoch, der 28. Februar.
Die Weser war zugefroren, wie meist am Ende des Winters.
In Wahmbeck sagte man: „Ehe der Februar nicht vorbei ist, kann die Weser noch zufrieren.“
Man hatte sich daran gewöhnt, eine zugefrorene Weser war besser als Hochwasser.
Es war eine gewohnte Sache.
Man ging zur Weser, traf andere Einwohner, sprach mit dem Fährmann,
der jeden Morgen die Fähre vom Eis freihalten musste.
Es war Krieg, man diskutierte und war überzeugt, dass der Krieg bald zu Ende wäre..
Gefahr von der Weser hatte man nicht einkalkuliert.
Es war ganz ruhig an der Weser.
An diesem Morgen kam es ganz anders!
Gegen sieben Uhr hörte man ein Knirschen und Krachen.
Man hörte es nicht nur an der Weser, sondern auch im ganzen Dorf.
Das Eis war geborsten und setzte sich in Bewegung.
Etwa 1000 m unterhalb setzte sich das Eis wieder fest,
wurde übereinander geschoben und sperrte das Tal ab.
Innerhalb von 15 Minuten stand das tiefer gelegene Teil des Dorfes unter Wasser.
Die Bewohner wurden aufgeschreckt, es war ja Winter, die meisten schliefen noch.
Die Kinder mussten zur Schule, einige Erwachsene mussten noch zur Arbeit,
auch nach außerhalb.
In einem Haus des westlichen Randbezirks hatte die Mutter ihre Kinder,
die schulpflichtig waren, aus den Betten gejagt, zum Anziehen blieb keine Zeit.
Sie raffte die Kleidung zusammen und die Kinder liefen im Schlafrock,
mit dem Bündel im Arm, zu den höher gelegenen Teil des Ortes.
Das Wasser stieg so schnell, dass keiner mehr auf normalen Weg aus dem Ort kam.
Auch oberhalb von Wahmbeck wurde die Weser durch das Eis gestaut und Wahmbeck
wurde über den alten Umlauf der Weser vom Wasser und Eis eingeschlossen.
Das hatte alles kaum 20 Minuten gedauert.
Mit dem Lattenschiff der Fähre fuhr der älteste Sohn und zwei Begleiter zu
dem erwähnten Haus (Arnemann) und holten Bekleidung und Essen.
Das Vieh musste auch aus dem überschwemmten Teil des Ortes in Sicherheit gebracht werden.
Angeforderte Pioniere der Wehrmacht, die das Eis sprengen sollten, waren schon an der
Werra und mussten an einer Wassermühle Eissprengungen vornehmen.
Das aufgestaute Wasser lief relativ schnell ab.
Das Eis aber blieb liegen und versperrte die Verbindung nach Bodenfelde.
Es dauerte bis in den Mai hinein, bis das letzte Eis geschmolzen war.