Bleichmeister Alwin Schreckenbach
Alwin Julius wurde am 26.09.1860 in Zittau in Schlesien geboren und dort am 05.10.1860 evangelisch lutherisch getauft.
Sein Vater Johann Samuel Friedrich Schreckenbach, am 25.05.1815 in Lößnitz geboren, war Fabrikwebermeister in Zittau.
Alwin Julius war das achte und jüngste Kind, er hatte drei Brüder und vier Schwestern.
Er verlor mit 11 Jahren seine Mutter.
Eine Urkunde der St. Johannis Kirche in Zittau besagt, daß Alwin Julius am 22.03.1874 dort konfirmiert wurde.
Am 01.06.1874 begann er seine Lehrzeit im Farbwarengeschäft des Herrn Emil Grätz, wechselte aber wegen Auflösung dieses Geschäftes am 01.04.1878 in das Weiß - Modewaren und Wäschegeschäft des Herrn Bertold über, wo er 1878 seine Lehrzeit beendete.
In dieser Zeit besuchte er auch die Handelsschule in Zittau, von April 1875 bis Ostern 1877.
Sein Abgangszeugnis zeigt in allen Fächern die Note gut.
In dem Wäschegeschäft des Herrn Bertold blieb er noch bis Ostern 1880 als Commis.
In seinem Zeugnis schreibt Herr Bertold: Während dieser ganzen Zeit hat sich Herr Schreckenbach, neben allen Kontorarbeiten, auch besonders tüchtige Kenntnisse in der Leinen- und Baumwollbranche erworben, und ich muss besonders seine Gewissenhaftigkeit und außerordentliche Exaktheit, sowie seinen streng soliden Lebenswandel anerkennen.
Auch während seiner ferneren Stellungen habe ich ihn nicht aus den Augen verloren und habe mich gefreut, dass sich Herr Schreckenbach durch Strebsamkeit und Fleiß immer mehr entwickelt und sich eine Vertrauensstellung in dem weitberühmten Etablissement von Websky, Hartmann und Wiesen in Wüstewaltersdorf errungen hat.
Am 01.07. 1879 starb Alwins Vater Johann Samuel Friedrich Schreckenbach in Zittau.
Alwin scheint als junger Mann sehr sportlich gewesen zu sein, was nicht selbstverständlich war, damals.
Von Ostern 1880 bis November 1881 war Alwin als Buchhalter in der Firma C. A. Preibisch in Reichenau in Sachsen ( heute Polen ) tätig.
Er verließ die Firma, um seinen Militärdienst abzuleisten.
Auch von der Firma Preibisch erhielt er ein hervorragendes Zeugnis.
Martha Schreckenbach
Nach seiner Militärzeit muss er zunächst wieder in Reichenau tätig gewesen sein, denn dort hat er am 06.05.1886 Martha Theresia Brendler geheiratet.
Sie war die Tochter von dem Kupferschmiedemeister Franz Tobias Robert Brendler in Reichenau, geb. am 04.09.1835 in Ostritz und seiner Ehefrau Karolina Johanna Klaus geb. am 12.06.1841 in Ostritz, beide katholisch, die Eheschließung am 19.05.1863 in Ostritz.
Vermutlich hat Alwin nach seiner Heirat eine Tätigkeit in Wüstewaltersdorf aufgenommen, und dort das Bleichwesen kennen gelernt.
Es wird ihm später bescheinigt, dass er in Schlesien in der Garnbleiche Gutes geleistet habe.
1887 wurde ihnen in Wüstewaltersdorf die erste Tochter geboren, Liesel, die aber etwa mit einem Jahr schon verstarb.
Familie
Am 30.08.1888 wurde dort Tochter Else und am 21.03.1890 Sohn Richard geboren.
Die junge Familie zog 1890 nach Sohlingen im Solling, wo Alwin die Stelle eines Bleichmeisters bei der Königlich - Preußischen Musterbleiche bekommen hatte.
Ein Zeugnis der Königlichen Legge Inspektion in Göttingen vom März 1899 bescheinigt Alwin Schreckenbach, dass er den Betrieb mit Umsicht und vielem Geschick geleitet und sich als sehr befähigter Bleichtechniker erwiesen habe.
Ferner habe er ein wachsames Auge und einen scharfen Blick für alle auf dem bleichtechnischem Gebiet vorkommenden Neuerungen, und verstehe es, diese vorteilhaft und nutzbringend in dem Betrieb anzuwenden.
Auch der Administrator der Musterbleiche, der Königliche Landrat in Uslar, lobt in einem Zeugnis den Fleiß und die fachlichen Fähigkeiten von Alwin.
Daraufhin erhält er im April 1899 die Legitimation, als staatlicher Betriebsleiter der Königlichen Musterbleiche.
Kinder der Familie
Der Familie werden im Laufe dieser ersten Sohlinger Jahre weitere vier Söhne und eine Tochter geboren.
- 04.02.1892 - Walter
- 05.09.1893 - Kurt
- 11.03.1897 - Wilhelm
- 24.01.1899 - Otto
- 08.03.1906 - Nesthäkchen Helene
Martha Theresia hatte mit ihren fünf Söhnen und zwei Töchtern gewiss voll ihr Tun.
Zwar halfen ihr Mägde aus dem Dorf, aber es gab ja noch einen großen Gemüse- und Obstgarten zu versorgen, auch hatte man Federvieh und Schweine für die eigene Versorgung.
Alwin war sehr stolz auf seine große Familie, besonders auf seine Söhne.
Er war nach wie vor sportlich und war mit Engagement beim Uslarer Turnverein.
Für gesunde Lebensweise hatte er viel übrig, auch für Naturheilverfahren bei Krankheit in seiner Familie.
Als der Preußische Staat 1910 die Musterbleiche veräußern wollte, bewarb sich Alwin als Käufer und erhielt den Zuschlag.
Bearbeitet hat diesen Verkauf mein anderer Großvater, August Hagedorn, Geheimer Rechnungsrat und Bürovorsteher im Preußischen Landesgewerbeamt in Berlin.
August und Alwin kannten sich schon aus den Jahren von 1890 bis 1900, als August Leggemeister in Göttingen war.
Die Legge in Göttingen war die staatliche Kontrollbehörde für die fertig gebleichten Leinenprodukte der Bleiche.
Ab 01.03.1910 hieß dann die Bleiche, Vormals Königl. Musterbleiche, A. Schreckenbach.
Seine beiden ältesten Söhne ließ er eine Ausbildung im Textilgewerbe machen.
Richard besuchte die Textilfachschule in Sorau, später 1910 / 1911 war er zwei Semester auf der Fachschule für Chemie in Berlin, musste aber sein Studium vorzeitig abbrechen, weil Alwin ihn im Sohlinger Betrieb brauchte.
Während des 1.Weltkrieges, die Söhne waren zum Militärdienst eingezogen, musste Alwin die Produktion der Bleiche mangels Aufträgen einstellen.
In den Gebäuden wurde vorübergehend für die Kriegsindustrie gearbeitet.
Nach dem Krieg beteiligte Alwin seine Söhne Richard und Walter an seinem Unternehmen.
Der Betrieb hieß jetzt Gebrüder Schreckenbach, Vormals Königl. Preußische Musterbleiche.
Produktion und Gebäude wurden von Grund auf modernisiert.
Obwohl der Bleichbetrieb nach den großen baulichen und technischen Investitionen der 20iger Jahre sehr gut florierte, kam 1930 das Aus.
Zur Modernisierung hatten Vater und Söhne viel Geld aufnehmen müssen, welches die Geldgeber und Großabnehmer, die Karstadt AG, ein jüdischer Konzern, nun vorzeitig wegen der politischen Lage zurück erstattet haben wollte.
Richard konnte die Situation nur retten, indem er mit der Konkurrenzfirma Windel in Bielefeld verhandelte.
Der Firma Windel war der gut laufende Sohlinger Betrieb schon lange ein Dorn im Auge.
Hermann Windel war bereit, die Sohlinger Firma mitsamt den Schulden zu übernehmen.
Alwin behielt seinen Haus- und Grundbesitz.
Die neuen, sehr schönen Häuser von Richard und Walter kaufte die Firma Windel.
Richard wurde als kaufmännischer Direktor in das Bielefelder Werk übernommen.
Obwohl Alwin 1930 schon 70 Jahre alt war, hatte er noch immer im Büro mitgearbeitet.
Es war schwer für ihn, von heute auf morgen seinen Betrieb zu verlassen.
Martha Theresias Gesundheit verschlechterte sich zunehmend, sie starb mit 69 Jahren, Weihnachten 1933.
Für Alwin sorgte, bis zu seinem Tod am 26.09.1937, seine Tochter Lenchen.
Alwin muss in seinen letzten Lebensjahren an der Parkinsonschen Krankheit gelitten haben, wie später sein Sohn Richard.
Er starb am 26.09.1937 in Sohlingen.
Auszüge aus der Familiengeschichte
"Lebensdaten- und Bilder unseres Vorfahren" Alwin Julius Schreckenbach von Ruth Schnell, geb. Schreckenbach (jüngste Tochter von Richard Schreckenbach).