Der Flachs oder vielmehr der Stengel der Leinstaude enthält sowohl in seinem Baste, d.i. der äußere Hülse, als im Innern als Bindungsmittel der Faser eine Materie, die ihrer Natur nach mit einem an Kleber und Eiweißstoff sehr reichem Mehl, viel Aehnlichkeit besitzt und daraus abgesondert werden muß, wenn die Faser im reinen Zustande als spinnbarer Flachs dargestellt werden soll: solches geschieht gewöhnlich durch die Thauröstung oder die Wasserröste, deren Einwirkung jedoch wesentlich verschieden ist.
Genau angestellte Versuche zur Ermittlung desjenigen, was beim Röten des Flachses vergeht, haben gelehrt, dass der Prozeß der Röstung, wenn solche blos im Thau veranstaltet wird, in einer aufeinander folgenden weinigen und sauren Gährung begründet ist; wodurch die Grundmischung des klebrigen Firnisses dergestalt verändert wird, daß er sich nun von den Fasern vollkommen trennt und solche rein zurückläßt.
Bei der Wasserröstung hingegen tritt eine dritte Periode,
nämlich die faulende Gährung
ein,
mit welcher sich stinkenden Gasarten erzeugen und verbreiten.
Hier werden Amoniak, Schwefelwasserstoff-Gas, Phosphorwasserstoff-Gas gebildet,
die sich theils gasförmig verbreiten und die umgebenden
Atmosphäre verpesten,
theils vereinigt sich unter einander eine Substanz erzeugen, welche die
Faser des Leins ergreift,
mürbe macht und braun färbt.
Das Wasser extrahirt diese Verbindung, führt sie mit sich fort;
und eben dieses ist der Grund,
warum das damit beladene Wasser den Fischen tödtlich wird und dem Vieh,
welches solches genießt,
Krankheiten erregt.
Kann die Wasserröste bei fließendem Wasser veranstaltet werden,
dann ist ihre Wirkung
der der Thauröste gleich und mit keinem bedeutenden Nachtheile
verwenden weder
für die Atmosphäre,
noch für das Wasser selbst Die Nachtheile verwenden.
Die nachtheiligen Wirkungen treten erst dann ein, wenn die
faulende Gährung beginnt,
die aber in diesem Falle bei einer sachverständlichen
Behandlung duurchaus vermieden werden kann.
Solches ist der Fall, wenn der damit beauftragte Arbeiter den
im Wasser röstenden Flachs
täglich prüfet,
ob die Röstung vollendet ist, welches dadurch leicht erkannt wird,
dass der getrocknete Stengel beim
Zerknicken und Reiben mit den Händen, die glänzende Faser
leicht von sich zieht.
Nur zu langes Beharren des Flaches im Wasser kann alsdann
die Fäulniß herbeiführen;
ein solches ist aber ganz überflüssig, verdirbt der
Flachs und wirkt nachtheilig auf das Wasser,
in welchem der Flachs beharret.
Da aber ein fließender Strom nicht immer zu Gebote steht, am wenigsten ein solcher, der mit einem fischhaltenden Strome oder einem solchen, woraus Vieh getränkt wird nicht Gemeinschaft haben sollte; da ferner abgetäufte Gräben oder stehende Teiche, stets nur ein sumpfiges Wasser darbieten, das, außer dem Gestanke, welchen solches beim Rösten des Flachses in selbigen verbreitet, zugleich die benachbarte Atmosphäre verpestende Dünste ausduftet, die nachtheilig auf die Gesundheit zurückwirken; außerdem aber auch die Faser des Flachses theilweise angegriffen und auf eine durch das Bleichen nicht zerstörbare Weise gefärbt wird; so würde es in der That wünschenswerth seyn, die Wasserröste des Flachses durchaus zu verbannen.
Solches kann vollkommen erreicht werden durch folgendes Verfahren:
Wo fließendes Wasser oder ein Teich existirt,
da kann das Wasser aus beiden benutzt werden.
Im gegenseitigen Falle läßt sich durch eine
Abtäufung ein Teich darstellen,
dessen Wasser zum Rösten des Flachses benutzt werden kann,
um solchen dem durch die Thauröste
dargestellten, gleich zu machen.
Hier genügt es nun, den Flachs blos im Wasser einzutauchen
und ihn hierauf auf dem Feld
aus zu wiederholt wird, damit die von dem Flachse eingesaugte Feuchtigkeit am Tage
wieder ausdünsten kann.
Tritt Regen ein. Dann ist das Eintauchen am Abend nicht nöthig.
Bei diesem Verfahren erfolgt die Röstung eben so gut wie im Wasser, ja weit besser, weil sie der Thauröste gleichkommt, und keine Zerstörung, so wie keine Färbung der Faser des Flachses damit verbunden ist, sondern selbige eben so schön und rein, wie bei der Thauröste ausfällt.
Wird der ausgelegte Flachs alle Abend einmal umgewendet, so kann er auch auf dem Felde liegen bleiben und darf blos jeden Abend mit Wasser begossen werden.
Damit endlich der zum Rösten ausgelegte Flachs nicht durch eintretende Sturmwinde zerstreut oder hinweg geschleudert werden kann, ist es hinreichend, ihn in dünne Bündel zu vereinigen und diese an den Wurzeln zusammen zu binden, diese können kegelförmig neben einander aufgestürzt, oder auch neben einander gelegt werden, wodurch das Verwirren und das Zerstreuen derselben verhütet wird.
Sobald die Röstung so weit vollendet ist, daß die trockenen Stengel beim Zerknicken und Zerreiben, die getrennte Faser leicht von sich geben, ist die Arbeit des Röstens beendigt und der geröstete Flachs kann nun ferner verarbeitet werden.
Wird diese Verfahrensart an gewandt, so alle Klagen über die Wirkung der Wasserröste und mit ihnen die Verderbniß des Flachses, die für den Landmann, wie für die Leinwand-Manufakturen von so überaus großer Wichtigkeit ist, hinwegfallen-